Die Gründung der Realschule Rottweil fiel in eine Zeit, als über die Bildungseinrichtungen in unserer Republik, in unserem Land und natürlich auch in Rottweil heftig diskutiert wurde. Aus der Volksschule waren Grundschulen und Hauptschulen mit A- und B-Zug geworden.
Die Christliche Gemeinschaftsschule sollte die Regelschule auch in Südwürttemberg-Hohenzollern werden. Daraus ergab sich die Möglichkeit der „Schule in freier Trägerschaft“, die Maximilian-Kolbe-Schule wurde ins Leben gerufen.
Rings um Rottweil entstanden in den Landgemeinden Nachbarschaftsschulen. Die Neugliederung der Gymnasien stand an, zum altsprachlichen und mathematisch-naturwissenschaftlichen Gymnasium sollte ein neusprachliches hinzukommen. War da noch Platz für ein Mädchengymnasium?
Der Schulentwicklungsplan aus dieser Zeit sah auch für Rottweil die Einrichtung einer Realschule vor. Diese Schulart hatte sich landesweit einen festen Platz im dreigliedrigen Schulsystem erobert. Besonders heftig stritt man über den Bildungs-Notstand, den man nun energisch angehen müsse. In der Folge wollten immer mehr Kinder nach der Grundschule in die Gymnasien und später auch in die Realschule überwechseln. Gleichzeitig strebte man kleinere Klassen an, so dass der Bedarf für zusätzlichen Schulraum in allen Schulen beängstigend anwuchs. Die Schulstadt Rottweil geriet in arge Bedrängnis.
Darüber hinaus meldete sich 1964 die Oberpostdirektion Tübingen mit der Ankündigung, sie wolle 1969 mit dem Neubau eines Postgebäudes beginnen. Wohin mit dem Droste-Hülshoff-Gymnasium, das außerdem aus allen Nähten platzte? Im Frühjahr 1964 stellte die SPD-Rathausfraktion den Antrag, die Einrichtung und den Bau einer "Mittelschule" in Rottweil umgehend vorzubereiten. Schwenningen hatte schon seit 1961 eine Realschule, 1963 war Schramberg mit seiner Realschule gestartet.
Damit wurde die erste Seite für ein neues Kapitel der Schulgeschichte Rottweils aufgeschlagen. Der Leiter des Staatlichen Schulamtes Rottweil, OSCHR Wirth, teilte Herrn OB Dr. Regelmann 1965 mit, dass im neuen Schulentwicklungsplan (veröffentlicht am 10. Juli 1965) für Rottweil eine Realschule vorgeschlagen werde und bat um die grundsätzliche Zustimmung der Stadt. Im Oktober 1965 stellte der Gemeinderat die Notwendigkeit einer solchen Schule in Rottweil fest und sprach sich einstimmig für eine entsprechende Planung aus. Aber schon in dieser Debatte wurde deutlich, dass die Realisierung der Stadt große Schwierigkeiten bereiten werde. Die Zahl der Antworten auf die Frage, wo die Realschule wenigstens in den ersten Jahren unterzubringen sei, illustriert das sehr deutlich. Da war die Rede vom frei werdenden Flurbereinigungsamt (1965), von einem in Fertigbauweise zu erstellenden Pavillon bei der Konrad-Witz-Schule (1966), vom Start in der "Franzosenschule" mit anschließender Unterbringung in einem noch zu erstellenden Anbau entweder an die Konrad-Witz-Schule oder ans Albertus-Magnus-Gymnasium und sogar über einen Neubau für die Schule wurde nachgedacht (1967).
Am 20. Dezember 1967 billigte der Gemeinderat nach eingehender Debatte einstimmig den Antrag an die zuständigen staatlichen Stellen, die für die Bildung der Realschule erforderliche Genehmigung zu erteilen. Die Schule solle zunächst möglichst zweiklassig geführt werden und ab dem Schuljahr 1968/1969 mit dem Unterricht beginnen.
Im Januar 1968 wurden die Raumpläne des Jahres 1967 wieder verworfen: Die Schüler der Konrad-Witz-Schule sollten "etwas zusammenrücken" und so den ersten Klassen der Realschule Platz in ihrem Haus machen. Im Juli 1968 wurde klar, dass auch dieser Plan korrigiert werden musste: An einen Start mit zwei Klassen war nicht zu denken, 127 Schüler hatten sich angemeldet (139 wurden es schließlich). Die Stadt plante nun, bei der Konrad-Witz-Schule eine Schulbaracke für zwei Klassen zu errichten. Der Realschule waren die Raumnöte in die Wiege gelegt!
Nicht minder problematisch stellte sich die Finanzierung der neuen Schule dar, vor allem im Hinblick auf die großen Anforderungen der anderen Schulen in Rottweil. Man musste davon ausgehen, dass ein guter Teil der Mittelschüler aus den umliegenden Gemeinden kommen werde. Die Stadt erfüllte schon als Träger der drei Gymnasien eine Funktion, die ihr die Stellung als Zentralort abverlangte. Die alleinige Trägerschaft auch noch der Realschule musste sie über Gebühr belasten. Bürgermeister Dr. Regelmann äußerte deshalb seit Sommer 1966 gegenüber den entsprechenden Bürgermeisterämtern den Wunsch nach einer Trägerschaft durch einen Mittelschulverband. In der Folge stellte sich heraus, dass die angesprochenen Gemeinden das Anliegen Rottweils zwar verstanden und akzeptierten, dass sie sich aber angesichts der eigenen schlechten Haushaltslage nicht zu Investitionshilfen entschließen konnten. Im Dezember 1967 war in dieser Sache noch kein konkretes Ergebnis erzielt worden. Im Juli 1968 lehnten die Gemeinden endgültig den Beitritt zu dem gewünschten Zweckverband ab. Sie boten aber an, auf vier Jahre für jeden Schüler, der aus ihren Orten die Realschule in Rottweil besuchen wird, einen jährlichen Fixpreis von 75 DM zu zahlen.
Aus heutiger Sicht muss man die Entscheidung des Gemeinderates vom 20.12.1967 nicht nur als einen überfälligen, sondern auch als einen sehr mutigen Schrift bezeichnen.
